In einer Zeit, in der Unternehmen in einem rasanten Tempo neue Wege suchen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, wird Innovation immer mehr zur Lebensader moderner Organisationen. Doch woher kommt echte, bahnbrechende Innovation für Ihr internes Change Management?
Dr. Ruth Müntinga, eine renommierte Soziologin und Expertin für Ungleichheits- und Glücksforschung, argumentiert, dass der Schlüssel oft in einem Bereich liegt, den viele Unternehmen übersehen: Diversität. Methoden wie Design Thinking, die auf einer tiefgreifenden Analyse von Nutzerbedürfnissen und -erwartungen basieren, können hier einen entscheidenden Beitrag leisten.
Als Beraterin, die sich auf die wirtschaftlichen Auswirkungen von Mitarbeitenden-Zufriedenheit spezialisiert hat, kombiniert Dr. Müntinga wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischen Einblicken.
Ihr einzigartiger Blick auf Gender sowohl aus wissenschaftlicher als auch politischer Sicht eröffnet uns neue Perspektiven.
In einem exklusiven Interview beleuchten wir die symbiotische Beziehung zwischen Unternehmensinnovation und Feminismus und zeigen auf, wie der wirtschaftliche Vorteil durch eine vielfältige Belegschaft maximiert werden kann.
Unternehmensinnovation erklärt
Was bedeutet Unternehmensinnovation?
Innovation ist ein gezielter Veränderungsprozess hin zu etwas Neuem. Dies setzt Neugier, Kreativität und Lust auf Neues voraus, um zunächst eine neue Idee zu kreieren. Schafft man dann die Marktetablierung, wird aus der Idee die Innovation.
Es reicht also nicht, eine neue Idee oder Erfindung zu haben, wenn es keinen Bedarf dafür gibt. Es braucht Nachfrage, um zu einer Innovation zu werden.
Dabei kann Innovation alle Bereiche betreffen: Produkte, Prozesse, Service oder Konzepte.
Zusammenhang Organisationsentwicklung und Innovation
Warum ist Organisationsentwicklung ein wichtiger Bestandteil für nachhaltige Innovation?
Um etwas Neues zu schaffen, braucht es Neugier, Kreativität und Lust auf Neues. Diese Vorrausetzungen finden sich besonders in Teams, die sich Erstens wohl miteinander fühlen, deren Mitglieder sich Zweitens frei entfalten können und Drittens möglichst unterschiedliche Blickwinkel mitbringen.
- Mitarbeitendenzufriedenheit ist ein wichtiger Baustein für Innovation. Je zufriedener die Mitarbeitenden, desto weniger werden sie krank, die Fehlzeiten sind also möglichst gering und die Fluktuation sinkt. Das wiederum führt zu Kreativität und Engagement, denn Menschen beteiligen sich gerne, wenn sie sich wohl fühlen. Dies wiederum erleichtert das Recruiting und schafft dadurch wiederum eine gute Personalausstattung, was dazu beiträgt, dass die Mitarbeitenden nicht überlastet oder unterfordert werden. Wichtige Einflussfaktoren für die Zufriedenheit der Mitarbeitenden sind Respekt, Wertschätzung, Aufgabenvielfalt und Vertrauen.
- Entfaltungsfreiheit bedeutet, dass Menschen sich entlang ihrer eigenen Stärken und Fähigkeiten entwickeln dürfen. Hier geht es darum, dass Mitarbeitenden in ihrer Persönlichkeit gesehen und wertgeschätzt werden, und dies als Vorteil für das Team oder das Unternehmen betrachtet wird. Wichtig ist hierbei eine diskriminierungsfreie Arbeitskultur, damit auch möglichst vielfältige Eigenschaften eingebracht werden können. Ein Unternehmen, dass eine hohe Entfaltungsfreiheit fördert und aktiv gegen Diskriminierung jeder Art vorgeht, schafft ein Arbeitsklima, in dem Menschen Lust haben, neue Wege auszuprobieren, also Innovationen zu schaffen.
- Wenn die ersten beiden Punkte erfüllt sind, sind gute Voraussetzungen geschaffen, um Diversität zu fördern. Diversität ist dann ein wunderbarer Motor für Unternehmensinnovation, da verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen, Kompetenzentwicklungen, Stärken und Blickwinkeln zusammenkommen und so ganz neue Lösungen finden können. Je diverser ein Team ist, desto eher haben Menschen das Bedürfnis, ihren Standpunkt zu erläutern, ihre Gedanken zu beschreiben und ihre Werte gemeinsam zu diskutieren. Dies führt dazu, dass deutlich mehr kommuniziert wird. Gleichzeitig führt es dazu, dass Aspekte und Herausforderungen viel eher Berücksichtigung finden und so den Innovationsprozess deutlich verbessern können.
All diese Voraussetzungen entstehen jedoch oft nicht von allein und brauchen klare Unterstützung oder Steuerung. Daher ist eine gezielte Organisationsentwicklung enorm wertvoll – sowohl für die Mitarbeitenden als auch im Hinblick auf Unternehmensinnovation.
Einordung Innovation und Diversität
Wie hängen Diversität und Innovation zusammen und welche wirtschaftlichen Vorteile ergeben sich durch mehr Diversität im Unternehmen?
Innovationen sind Ideen, die auf dem Markt erfolgreich sind. Um solche zu schaffen, braucht es Menschen, die sich frei entfalten können und möglichst unterschiedliche Blickwinkel mitbringen. Gerade letzteres ist bei Markteinführung wichtig, denn kaum ein Unternehmen kann es sich leisten, ein neues Produkt, eine neue Dienstleistung auf den Markt zu bringen, die dann aufgrund von nicht bedachten Herausforderungen keine Nachfrage generiert. Vor Markteintritt möglichst alle Perspektiven bedacht zu haben, ist also eine essentiell wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Innovation. Die Chance, dass möglichst alle Herausforderungen schon im Entwicklungsprozess mitgedacht werden, steigt, je diverser das Team ist.
Der Grund für den Zusammenhang zwischen Diversität und Innovationsfähigkeit ist einfach: Je unterschiedlicher Menschen sind, desto eher haben sie das Bedürfnis, ihre Gedanken zu teilen und zu diskutieren. Es werden deutlich weniger Gemeinsamkeiten vorausgesetzt als beispielsweise in einem sehr homogenen Team. Sind sich alle Teammitglieder sehr ähnlich, gehen die meisten davon aus, dass alle so denken wie sie selbst und sprechen viel weniger Themen an.
Außerdem bringen diverse Teams unterschiedliche Erfahrungen mit, die hilfreich sein könnten. In meinem letzten Forschungsprojekt sind wir nur deshalb auf eine Theorie gestoßen, die nachher zentral für die Auswertung der Ergebnisse war, weil einer der Kollegen viele Jahre auf dem amerikanischen Kontinent gearbeitet hatte und diese Theorie deshalb kannte. In Deutschland war sie zu dem Zeitpunkt noch nahezu unbekannt – besonders in diesem Forschungsbereich. Gleiches gilt auch für andere Erfahrungen, die z. B. durch die Merkmale der Charta der Vielfalt geprägt werden.
Die Vorteile von Diversität liegen also auf der Hand: Je diverser ein Team, desto innovativer, was wiederum dazu führt, dass nicht nur die Umsätze gesteigert werden können, sondern Unternehmen auch krisensicherer sind. Dies wiederum führt dazu, dass sie attraktiver werden – für Kund*innen, als auch für Fachkräfte, was wiederum die Innovationsfähigkeit steigert.
Was sind die Herausforderungen und Chancen von Diversität?
Wenn man all die Vorteile von Diversität liest, könnte man denken, dass sei ein Allheilmittel für krisengeschüttelte Unternehmen. Doch ist es nicht so einfach mit Diversität. Denn auch wenn die Innovationsfähigkeit steigt, weil Menschen eher das Bedürfnis haben, ihre Gedanken zu diskutieren, führt genau das auch zu Problemen. Häufig ist es angenehmer, sich mit Gleichgesinnten zu umgeben. Gerade am Anfang läuft die Zusammenarbeit dann leichter, „man versteht sich eben“ – ganz nach dem Motto: Gleich und gleich gesellt sich gern.
Doch spätestens, wenn eine Krise ansteht, die Idee nicht richtig werden will oder das Team feststeckt, braucht es neue Blickwinkel, die das Team aus der Krise herausbringen. Hier zeigt sich dann, wie oben beschrieben, wie wertvoll Diversität sein kann. Damit das aber auch funktioniert, braucht es eine klare, wertschätzende, diskriminierungsfreie Unternehmenskultur.
Ich selbst habe es oft erlebt: Wenn ich das Gefühl hatte, mit meiner Andersartigkeit nicht „ganz reinzupassen“, ich mich also eher als Außenseiterin gefühlt habe, war ich signifikant weniger innovativ, habe mich weniger getraut, meine Ideen einzubringen und Konflikte waren vorprogrammiert. Es kostet also Energie, Diversität zu fördern. Das passiert nicht ganz von alleine und braucht klare Steuerung.
Tipps von unserer Expertin
Welche Tipps kannst du Unternehmen geben, die gerade dabei sind, eine Innovationsstrategie zu entwickeln?
Zentral für die Förderung von Innovation ist die Diversität an Blickwinkeln. Um diese zu fördern, braucht es eine Menge guter Voraussetzungen, die bei der Entwicklung von Innovationsstrategien meistens nicht mitgedacht werden – vermutlich auch, weil die Teams, die die Innovationsstrategie entwickeln, meist sehr homogen sind.
Daher ist es wichtig, wenn ein Unternehmen mehr Innovation fördern will, unbedingt auch die Organisationsentwicklung mit einzubeziehen und gezielt die Unternehmenskultur in Richtung von Diversität zu fördern. Eine Innovationsstrategie muss m. E. auch immer eine Diversitätsstrategie sein.
Wenn beides nun zusammen gedacht wird, stehen neue Fallstricke an, denn häufig werden Aktivitäten rund um die Förderung einer diskriminierungsfreien und damit einer diverseren Unternehmenskultur als „Bonus“ gedacht. Das führt meistens dazu, dass Aktivitäten für eine solche Unternehmenskultur freiwillig sind. Es gibt also Fortbildungen, Seminare, Trainings zu den verschiedenen Aspekten von Diversität, die jedoch nur von einer kleinen Gruppe der Mitarbeitenden besucht werden, weil sie eben freiwillig sind. Meistens nehmen nur diejenigen Teil, die sich im Unternehmen einer Minderheit zurechnen und nur selten die Chef*innen, was wiederum ein klares Signal ist für den Rest der Belegschaft. Damit verlaufen diese Aktivitäten im Sande und bringen nicht die gewünschten Erfolge. Meistens wird dann entschieden, dass man es ja versucht habe, es aber nichts bringen würde.
Ein weiterer Fehler, den viele Unternehmen machen, ist, diese Aktivitäten nur punktuell zu unternehmen: hier mal ein Seminar, dort mal eine Führungskräfteschulung. Doch gerade bei Themen, die wir oft überhaupt nicht bewusst haben, braucht es deutlich mehr, um in die Veränderung zu kommen. Dies ist vergleichbar mit unseren Neujahrsvorsätzen: Wir nehmen uns alle an Silvester tolle Dinge für das neue Jahr vor. Wir sind auch begeistert davon und überzeugt, dass wir es diesmal schaffen, z. B. endlich mehr Sport zu machen. Doch nach wenigen Tagen verfallen wir wieder in unsere alte Routine, nach Feierabend auf dem Sofa zu sitzen, anstatt ins Fitnessstudio zu gehen. Dies liegt daran, dass wir über Jahrzehnte diese eine Routine aufgebaut und gepflegt haben. Jetzt etwas anders zu machen, kostet richtig viel Energie. Erst wenn der Feierabendsport zu einer Routine geworden ist, haben wir den Neujahrsvorsatz erfolgreich umgesetzt. Und aus Erfahrung weiß ich: Dann kostet es keine extra Energie mehr, ins Fitnessstudio zu gehen, sondern gibt mir Energie und wenn ich es nicht tue, fehlt mir was.
So ist das auch mit den Vorsätzen, Diversitätsstrategien umzusetzen. Die meisten Unternehmen wollen das, sie starten voller guter Vorsätze und Energie. Doch schon nach kurzer Zeit sind die alten Routinen stärker, der Alltag einfach zu stressig und andere Probleme wichtiger. Daher braucht es Angebote, die kontinuierlich im Alltag verankert werden können, um neue Routinen aufzubauen – nicht nur beim Sport, auch beim Aufbau einer diskriminierungsfreien Unternehmenskultur. Genau da setze ich mit meiner Organisationsberatung an: Wir von motus5 sind sozusagen die Personal Trainer für Diversitätsstrategien.
Fazit
Das Beste, was Unternehmen machen können, ist in Diversität langfristig zu investieren und alle Aktivitäten für alle Mitarbeitenden obligatorisch zu machen. Nur gemeinsam schaffen Organisationen den Wandel hin zu einer diskriminierungsfreien Unternehmenskultur und so auch zu einer höheren Innovationskraft.
OKRs oder Modern Workplaces sind hierfür ein mögliche Ansätze, welche Sie bei Ihren Innovationszielen unterstützen können.
Über unsere Expertin
Dr. Ruth Müntinga ist Soziologin & Expertin für Ungleichheits- & Glücksforschung. Sie hat als Beraterin mit Fokus auf wirtschaftliche Auswirkungen von Mitarbeitendenzufriedenheit gearbeitet. Heute forscht sie zur Frage, warum bestimmte Berufe noch immer genderblockiert sind. Zudem hat sie motus5 gegründet, um die Erkenntnisse in die Praxis zu bringen und Menschen, sowie Unternehmen darin zu unterstützen, die gläserne Decke zu durchbrechen.
motus5 – Vielfalt. Beratung. Training.
Mit motus5 lernen Sie nachhaltige Veränderung, damit die Gleichstellung aller Menschen Realität wird. Allerdings ist Veränderung nicht einfach und es gibt keine Patentlösung. Veränderung bedeutet, neue Routinen aufzubauen und das bedarf Energie, die richtige Haltung und eine Einbettung indie eigenen Rahmenbedingungen, Wertvorstellungen und Kompetenzen. Sonst bleibt es bei guten Vorsätzen.